Coronavirus Camino de Santiago

 

 

 

 

 

 

Es ist jetzt genau dreizehn Jahre her.

Im März 2007 befand ich mich in der Endphase der Vorbereitung.

Auf meinen ersten Jakobsweg.

Was ging mir nicht alles durch den Kopf!

Die Aufregung wuchs mit jedem Tag an.

Zum ersten Mal mit dem Euroliner fahren, auch noch nachts...

Zum ersten Mal ein Tattoo stechen lassen (meinen Schutzengel)...

Zum ersten Mal über Wochen Trekkingausrüstung gekauft...

Zum ersten Mal ein Blog im irritierenden Internet...

 

Zum ersten Mal Wanderstiefel eingelaufen,

spanische Grundkenntnisse angeeignet,

ein Testament geschrieben,

Jakobusforen studiert,

Kontakt mit Jakobusgesellschaft in Paderborn gehabt,

einen Wanderführer fast auswendig gelernt,

einen Hometrainer studenlang täglich malträtiert,

mich mit einer einfachen Digikamera vertraut gemacht,

von meiner Hausärztin Medis und Verbandsmaterialproben erhalten,

"Globetrotter" in Hamburg schüchern besucht,

Wetterberichte für die Pyrenäen verfolgt, und so vieles mehr...

 

 

Mit vielem davon beschäftigen sich Pilger auch heutzutage.

Aber es ist etwas eingetreten, mit dem niemand rechnen konnte.

Die Welt steht Kopf. Grenzen werden geschlossen. Schulen. Kigas.

Das öffentliche Leben steht quasi still.

Sportveranstaltungen sind abgesagt. Quarantäne überall.

Desinfektionsmittel sind ausverkauft, Flüge gestrichen.

Trotzdem erkranken reihenweise Menschen. Manche sterben...

 

Was bedeutet das für jene, die sich bald als Pilger auf den Weg machen möchten?

Werden sie sich überhaupt auf diese Reise begeben können?

Quer durch halb Europa bis zu den Pyrenäen?

Sind die Grenzen dann geöffnet?

Kann man fliegen, möchte an es?

Oder in Zügen und Fernbussen anreisen,

mit der Menschennähe, die das zwangsläufig mit sich bringt?

In welchem Zustand wird man Südfrankreich, bzw. Spanien antreffen?

 

Kann man auf oft engstem Raum in den Herbergen übernachten,

in denen sich meistens Stockbett an Stockbett reiht?

Möchte man Duschen und WCs mit so vielen Fremden teilen?

Die Küchen, Aufenthaltsräume, Matratzen, Kopfkissen?

Von oft nur mäßig gespültem Geschirr essen?

Wie sieht es in den Kneipen/Bars aus (Pilgermenü)?

Sind Kirchen am Weg geöffnet, Museen, Apotheken?

Vertraut man im Notfall einem spanischen Krankenhaus?

Ich letzteres sicher nicht, mein Unfall mit Erfahrung ist mir in lebhafter Erinnerung!

Das große Krankenhaus in Granada, mit einer englischsprachigen Ärztin,

zudem aus Südamerika, also wir beide mit Fremdsprache...

 

Werden überhaupt Herbergen geöffnet sein?

Private Hostals?

Wie werden die spanischen Einwohner auf hunderttausende fremde Pilger reagieren?

Das Pilgerbüro ist jedenfalls zur Zeit geschlossen.

Erhält man dann noch die oft so begehrte "Compostela" (Urkunde)?

Nach den ersten Maßnahmen, wie des Verbots die Jakobusstatue zu umarmen,

was sonst Pilgerritus als Dank für den Schutz unterwegs war,

ist die Kathedrale von Santiago, also das angestrebte Pilgerziel,

nun vorläufig komplett geschlossen worden.

Möchte man dann überhaupt noch losgehen?

Wäre alles zusammen nicht total unvernünftig?

Mein derzeitig angestrebter Starttermin wäre im September.

Doch wie ist es dann, wird die Welt diese Krise bewältigen?

Noch zweifle ich ein wenig daran...

 

Es gibt sicher wichtigeres als den Jakobsweg.

Aber vielleicht gewinnt er dann eine ganz neue Bedeutung.

Um sich zu bedanken. Dass man diese Herausforderung überstanden hat!

 

 

 

 

 

Und immer noch klopft mein Herz schneller, bei solchen Videos...